Figurationen des Übergangs. Die Große Kette der Wesen in der Renaissance. Jahrestagung des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Renaissanceforschung

Figurationen des Übergangs. Die Große Kette der Wesen in der Renaissance. Jahrestagung des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Renaissanceforschung

Veranstalter
Wolfenbütteler Arbeitskreis für Renaissanceforschung; Leitung: Prof. Dr. Ulrich Pfisterer (München)
Veranstaltungsort
Bibelsaal in der Bibliotheca Augusta
Ort
Wolfenbüttel
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.10.2015 - 21.10.2015
Deadline
30.04.2015
Website
Von
Bauer, Volker

Die Vorstellung einer Großen Kette der Wesen ordnet die Fülle der Schöpfung in hierarchischer Abstufung von ihrem Ursprung in Gott bis hinab zur unbelebten Materie. Ein entscheidender Aspekt dieser zum „halben Dutzend einflußreichster und langlebigster Grundgedanken der westlichen Philosophie“ [Lovejoy 1936/1993] zählenden Vorstellung ist dabei der fließende Übergang zwischen den Seinsstufen und Daseinsbereichen, die eben alle wie Kettenglieder zusammenhängen und ineinander greifen (oder mit dem entsprechenden Bild der scala naturae gesprochen: durch eine regelmäßige, dichte Folge von ‚Zwischenstufen‘ miteinander verbunden sein müssen). Dies bedeutet aber, daß nicht nur die Haupt- und Unterkategorien von Gott – Engel – Menschen – Tieren – Pflanzen – unbelebter Materie zu untersuchen sind. Eine entscheidende Vermittlerrolle kommt den ‚transitorischen Wesenheiten‘ zu, die in unterschiedlicher Gewichtung zwischen zwei Kategorien vermitteln. Die Seinsstufe ‚Mensch‘ nimmt dabei insofern eine zusätzliche Sonderstellung ein, als sie auch insgesamt als eine solche Übergangsform beschrieben werden kann, hat doch allein der Mensch sowohl am Bereich des Geistigen wie des Körperlichen Anteil und markiert so die potentiell nach ‚oben‘ wie nach ‚unten‘ orientierte Mitte der Großen Kette der Wesen. Diese ‚Figurationen des Übergangs‘ und ihre spezifischen Thematisierungen in der Renaissance will die Tagung erstmals umfassend in den Blick nehmen.

Dabei stehen zahlreiche solcher Figurationen des Übergangs schon seit einigen Jahren im Fokus der Renaissance-Forschung – man denke an Arbeiten zu Vorstellungen von Engeln und anderen Geisterwesen, an die Forschungen zu Monstern und ‚Mißgeburten‘,an die Animal-Studies, an Untersuchungen zu Magie, Alchemie und Naturphilosophie mit ihren Vorstellungen etwa zur Abiogenese oder an das Interesse für Hermaphroditismus und Gender-Übergänge. Aber auch die Erkundung und Entdeckung Neuer Welten in der Renaissance und die Auseinandersetzung mit nicht-europäischen Kulturen und Wissensordnungen lassen sich im Kontext der hier entwickelten Fragen verstehen. Allerdings bleiben alle diese Untersuchungen zumeist auf ‚ihre‘ jeweilige Figuration des Übergangs beschränkt – hier dagegen sollen diese Spezialfälle immer auch auf das Gesamtphänomen einer Seinsordnung hin befragt werden, deren Kategorien auf weiten Strecken notwendigerweise transitorisch verstanden werden mußten.

Das Projekt der Tagung verlangt daher nicht nur in besonderem Maße ein interdisziplinäres Herangehen. Auch die unterschiedlichen Verhandlungs- und Darstellungsmedien dieser Figurationen des Übergangs sollen eingehend auf ihre jeweiligen Leistungen, Entwürfe wie auf ihr Zusammenwirken hin befragt werden: Texte, Bilder, Diagramme, Musik, Sammlungskontexte, aber etwa auch performative Praktiken, die zu einer Deutung und Definition der Stufen des Seins oder zu ihrer Transitorik beitragen. Verdeutlichen will die Tagung damit auch einen weiteren Aspekt von ‚Wissens-Pluralität‘ in der Renaissance: wie neben die umfassende Theorie und die lineare Stufenfolge einer Großen Kette der Wesen ein vielschichtiges, in sich keineswegs konsistentes Geflecht von spezifischen Erklärungsansätzen und medial unterschiedlichen Aufbereitungen treten kann – ohne zu einer fundamentalen Krise der übergreifenden Theorie zu führen.

Themenvorschläge könnten zumindest vier große Bereiche betreffen:

- Exemplarische Figurationen des Übergangs im Vergleich;
- speziell anthropologische Entwürfe der Renaissance, die den Mensch von seinen Grenzen her zu bestimmen oder zu problematisieren unternehmen;
- Versuche von Gesamt-Entwürfen und Gesamt-Darstellungen der Seinsordnung in der Renaissance und ihre Problematiken der ‚kategorialen Zwischenräume‘;
- medienspezifische Umsetzungsversuche und Lösungsvorschläge zur Darstellung solcher Figurationen des Übergangs.

Die Reise- und Hotelkosten der Vortragenden werden übernommen.

Bitte senden Sie Ihre Vorschläge bis zum 30. April 2015 an folgende Adresse:

forschung@hab.de.

Wir bitten Sie auch um die Angabe Ihres vermutlichen Abfahrtsorts, damit wir die jeweiligen Reisekosten kalkulieren können.

Programm

Kontakt

Dr. Volker Bauer

Herzog August Bibliothek PF 1364 38299 Wolfenbüttel

forschung@hab.de